Das sind wir - Frau Holle und ich, Celina.

Der Name „Frau Holle" passt gut zu ihr. Wenn ich unsere Geschichte rückblickend betrachte, dann klingt sie nach einem echten Märchen…

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Frau Holle, von mir auch liebevoll Esi oder Holli genannt, war eine dreijährige, sehr unscheinbare Stute. Das erste Mal, dass ich sie sah, war im Mai 2016. Sie kam neu auf den Hof, den ich früher gern als Ferienkind besuchte. Irgendwie zog sie mich magisch an.
Ich nahm sie in der Zeit dort gern mit zum Putzen - was allerdings gar nicht so einfach war. Ich dachte mir damals: „Das ist ein schwieriges Pferd". Trotzdem faszinierte sie mich. Das Video, was ich von ihr aufgenommen habe, zeigte ich meiner Mutter, die nur sagte:

„Wenn du ein Pferd kriegst, dann dieses.“

Mai 2016

Frau Holle, 3 Jahre jung

Und so kam eins zum anderen: Im Juni 2016 kam sie mit zu mir nach Hause, ich hatte nun mein erstes eigenes Pferd. Da war natürlich sehr viel Freude, aber auch viel Unsicherheit und viele Zweifel. Kann ich denn - als 15-jähriges Mädchen - ein Jungpferd alleine ordentlich ausbilden und später auch reiten?

Die ersten zwei Monate vergingen. Esi war ein ruhiges und liebes Pferd - wahrscheinlich, weil sie gesundheitlich so angeschlagen war.

Juni 2016

Ihr Zustand hatte sich in dem Monat bis zum Kauf drastisch verschlechtert.

Mit der Besserung ihres Gesundheits- und auch Ernährungszustandes veränderte sie sich. Sie wurde immer wacher - und herausfordernder. Esi wollte im Ganzen verstanden und gefördert werden - das zeigte sie mir dann relativ schnell, indem sie anfing, neben mir zu steigen, mir beim Reiten in die Beine zu beißen und es unmöglich machte, sie zu longieren. Ich wollte nicht, dass all das zum Kampf wird.

Im Februar des nächsten Jahres wechselten wir den Stall. Die fiesen Kommentare und Gemeinheiten mir gegenüber gingen mir sehr nah. Ich kam über den Winter fast täglich weinend nach Hause - und das wollte ich nicht mehr.

Am neuen Stall - bis heute stehe ich hier - hatte ich deutlich mehr Möglichkeiten. Ich nutzte die Longierhalle fast täglich - aber glaubt nicht, dass das Pferd damit einfacher oder ruhiger wurde. Meine Körpersprache war zu unsauber. Viel funktionierte, aber viel leider auch nicht.

Ich merkte: Freiarbeit ist nicht, dass man sein Pferd zirkeln lassen kann oder es mit einem mitläuft. Freiarbeit ist ein ganzheitliches Verstehen des Pferdes. Das Pferd muss unsichtbar verbunden sein und das geht nur, indem ich mich vollkommen auf es einlasse und klar kommuniziere. Das geht nicht über Zwang oder schlichte Konditionierung. Die Sprache muss passen. Also begann ich, diese ganz zu lernen. Ich setzte mich an die Wiesen und studierte die Pferde.

Ich probierte viel aus - hatte im Hinterkopf immer Folgendes: Wenn es nicht klappt oder ich eine unerwünschte Reaktion kriege, liegt es an mir und meiner Körpersprache, nicht am Pferd.

Ich konnte mein Pferd lange nicht verstehen, ich konnte nicht auf sie eingehen. Deswegen musste ich ihr wirklich näherkommen. Das, was wir als und unter Menschen teilweise verlernt haben - jemanden so zu nehmen, wie er ist und sich voll und ganz ihm oder ihr zu öffnen. Wir können das nur, wenn wir wahrhaft lieben.

Und mit dem Zeitpunkt, wo ich das verstand, kamen wir „auf einen grünen Zweig". Esi zeigte mir den Weg - und ich hörte gespannt und ohne vorgefertigte Meinung zu. Und was entstand daraus? Ein sicheres System, seine Wege mit dem Pferd gemeinsam zu gehen und unter allen Umständen verbunden zu bleiben. Aber vor allem etwas, was ich mir selbst hätte nie erträumen können - die Selbsthaltung. Glaubt nicht, dass ich beabsichtigt habe, so etwas beizubringen. Ich selber hätte mir das nie zugetraut - aber mein Pferd traute es mir zu. Und dafür bin ich ihr unendlich dankbar. Keiner glaubte je so stark an mich wie sie.

Aber nicht nur glaubte sie an mich. Ich glaubte auch an sie. Und das machte sie stolz und ließ sie regelrecht aufblühen. Ein positiver Kreislauf, eine Aufwärtsspirale.

     Deswegen möchte ich euch Folgendes mitgeben:

Das Pferd ist nie gegen uns, möchte uns nicht extra etwas antun, uns böswillig „verarschen" oder uns vor anderen bloßstellen. Das sind nur unsere eigenen Gedanken. Pferde denken - zum Glück - nicht so (kompliziert) wie wir Menschen. Es geht aber darum, zuzuhören. Denn „einfach so" macht ein Pferd die Dinge auch nicht.

Ich habe gelernt, Rückschläge nicht so negativ und als „zu vermeiden" zu sehen, sondern die Dinge so zu nehmen, wie sie halt kommen und seine Lehren daraus zu ziehen. Es dient uns alles doch nur und lässt uns wachsen. Wie schön lässt sich das auf das ganze Leben übertragen!

Und die Leute, die sich einmischen, teilweise vielleicht auch auf respektlose oder sogar beleidigende Art und Weise?

Du bist nicht persönlich gemeint. Es sind die eigenen Versäumnisse und Unsicherheiten, die diese Leute das tun und sagen lassen. Du bist nur die Verkörperung der eigenen inneren Vorgänge dieser Menschen. Nimm es dir nicht zu Herzen und sei ihnen nicht böse. Sie müssen schließlich mit ihren eigenen Lasten und mit der Person Mensch, die sie sind, zusammenleben - würdest du mit ihnen tauschen wollen? ...und gleichzeitig, reflektiere doch mal - würden wirklich erfolgreiche Menschen so etwas tun?

Die Moral aus der Geschicht`:

Die gemeinsame Reise mit einem Pferd lehrt uns mehr, als man auf den ersten Blick so denken mag - wenn man sich der Sache vollständig öffnet und annimmt. Genau wie im „echten" Leben kann nicht alles auf dem Weg glatt und ohne Probleme verlaufen. Aber das muss so. Wenn es keine Probleme gäbe, gäbe es kein Wachstum und vor allem keine Lösung: Daher öffne dich deinem Pferd und der freien, ungezwungenen Arbeit mit ihm, lerne, deinen Körper und Geist richtig einzusetzen und bewirke Dinge, die du angefangen hast, doch für möglich zu halten. Denn nur damit fängt es an: Mit einem Gedanken. 

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